Kurz vor Caineville auf dem Highway 24 (244kb). |
Ansonsten gibt es hier weit und breit nichts außer Wüste und Felsen. Was den Ort letztlich überhaupt erwähnenswert macht, ist seine reiseroutenstrategisch günstige Lage in der Mitte des Dreiecks aus Capitol Reef, Moab und dem Monument Valley. Wer also vom Bryce Canyon oder Capitol Reef Richtung Arches / Canyonlands oder zum Monument Valley fährt, wird über eine Übernachtung in Hanksville nachdenken müssen, denn die Strecke ist bei all ihren Sehenswürdigkeiten (Utah Scenic Byway 12) viel zu lang. In der näheren Umgebung gibt es zudem kaum Übernachtungsalternativen. Auch ist Hanksville wegen seiner Nähe zum Goblin Valley und Little Wild Horse als Stützpunkt interessant. Der Ort selbst lebt folglich vom Tourismus, aber auch Landwirtschaft spielt eine Rolle.
Der Fremont River (282kb). |
Stillgelegte Tankstelle am Ortseingang (193kb). |
Bei meinem 2007er Urlaub bringt mich meine Route vom Bryce Canyon nach Hanksville. Von dort soll es über den Moki Dugway weiter nach Monument Valley und bis nach Page gehen. Mithin komme ich um eine Übernachtung auf der Strecke nicht umhin. Die Anfahrt hinter Capitol Reef über den Highway 24 verläuft zunächst durch hügeliges und felsiges Gebiet. Direkt außerhalb des Capitol Reef Nationalparks stößt der Highway 24 auf den Highway 1670 - der erste vierstellige Highway, der mir bewusst begegnet ist. Dann schlängelt sich die Straße durch das Cathedral Valley langsam bergab und stößt kurz vor Caineville auf den hier entspringenden Fremont River. Dieser begleitet uns nun rechter Hand bis nach Hanksville, wo er zum Dirty Devil River wird und schließlich in den Lake Powell mündet. Hinter Caineville werden die Strecke etwas kurvenarmer und das Gefälle geringer, dann ist man auch schon fast angekommen.
Die Lobby des Whispering Sands Motel (226kb). |
Das doppelstöckige Hauptgebäude (264kb). |
Der einstöckige Trakt mit unserem Zimmer (216kb). |
Das Problem an Hanksville ist, dass das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten überschaubar ist. Das hat unter anderem mit einer Naturkatastrophe zu tun, die den Ort am 6. Oktober 2006 ereilte. Nach schweren Regenfällen schwappte seinerzeit eine große Flash Flood über den gesamten Ort und begrub alles unter Schlammmassen. Die Kanalisation wurde schwer beschädigt, die Weiden und Futteranbauflächen vernichtet und der Damm, der die Bewässerung sicherstellte, zerstört. Erst eine Wiederaufbauhilfe von $5.2 Millionen ermöglichte die weitere Existenz des Ortes. Auch wenn die Spuren heute weitestgehend beseitigt, sind kann man doch an vielen Stellen noch Überbleibsel der Überschwemmung erblicken. Markantestes Indiz ist direkt bei der Ortseinfahrt eine verlassene Tankstelle, an der noch die Benzinpreise von 2006 ausgeschildert sind ($1.49 für Unleaded - am Tag meiner Ankunft, dem 24.07.2007, liegt der reguläre Preis schon bei $3.27). Sollte sie heute noch in diesem Zustand existieren, könnte man sie vielleicht angesichts des explodierenden Spritpreises als National Historic Monument erhalten.
Unser Motel, das Whispering Sands, befindet sich, von Capitol Reef kommend, am Ortsausgang rechts der State Road 95, die mitten im Ort von der State Road 24 nach Süden abzweigt. Es gibt zwei lange, im Winkel um einen Platz angeordnete, separate Wohntrakte, von denen eines zweigeschossig ist. Insgesamt 23 Zimmer umfasst die Anlage. Rechts daneben befindet sich ein kleines Lobbygebäude. Der große geteerte Platz, den diese Gebäude umschließen, ist in 2007 in seiner Mitte noch mit Lehm und Sand bedeckt - ein Relikt der Flash Flood. Immerhin haben ein paar größere Bäume in der Nähe der Lobby überlebt.
Blick über den Hof des Motels auf den Highway 95 und Blondies (197kb). |
Wir haben Late Arrival angekündigt und sind mit 19 Uhr sogar noch etwas später als telefonisch zuvor mitgeteilt. Also geht es nach unserer Ankunft schnurstracks in die Lobby, in der man uns schon erwartet. In dem relativ kleinen Raum empfängt uns Connie Foutz, die mit ihrem Mann Don und ihren zwei kleinen Hunden das Motel betreibt. Mit unserer sechs Mann starken Reisegruppe ist der Raum proppevoll. Nach kurzem Small Talk erhalten wir unsere Zimmerschlüssel. Auf die Frage, wo man denn um die Uhrzeit noch etwas essen könne, empfiehlt sie uns das Red Rock Restaurant, und für das Frühstück das Blondie's Eatery & Gift gleich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Wenn wir erwähnen, dass wir Gäste des Whispering Sands seien, bekämen wir auch einen Rabatt.
Unser Zimmer (280kb). |
Zwei Queensize Beds (396kb). |
Die Waschnische (283kb). |
Veranda vor unserem Zimmer (279kb). |
Jetzt wollen wir schnell unsere Zimmer beziehen und zu Abend essen. Zwei Zimmer im eingeschossigen Seitenbau haben wir erhalten, und sind auf den ersten Blick sehr zufrieden. Über eine kleine überdachte Veranda, die mit einigen Sitzgelegenheiten dem gesamten Gebäude vorgebaut ist und angesichts der kargen Landschaft schon sehr an den Wilden Westen erinnert, betrete ich mein Zimmer. Es ist frisch renoviert. Eine Wand und die Decke sind mit dunklem Holz vertäfelt, die übrigen Wände mit einer elefantenhautähnlichen Schutzfarbe angestrichen. Auch das Holz ist mit Lack versiegelt, um weiteren Überschwemmungen zu trotzen. So wirkt das Zimmer trotz der übrigen weißen Wände ziemlich rustikal und dunkel, wozu auch der dunkelgrüne Teppich beiträgt. Im hinteren Bereich des im üblichen Motelstil geschnittenen Appartements befinden sich die Waschnische und das winzige separate Badezimmer mit Badewanne und einem WC für Kleinwüchsige. Wie man das nutzen soll, ist mir schleierhaft geblieben. Im Stehen pinkeln geht nicht wegen der enormen Fallhöhe, hinsetzen auch nicht wegen der dann zu spitz angewinkelten Beine, wodurch man hinterwärts zwangsläufig baden geht. Insgesamt ist die Ausstattung simpel, aber praktisch und völlig ausreichend. Man muss natürlich im Hinterkopf behalten, dass das gesamte Motel samt der Inneneinrichtung nach den Zerstörungen von 2006 neu ausgestattet werden musste. Schon einen Monat nach der Flash Flood hatte das Whispering Sands wieder geöffnet. Insofern bin ich angenehm überrascht.
Im Red Rock Restaurant (333kb). |
|
Ein lecker Steakchen für den Chef... (332kb) |
... und ein Salat für den Fahrer (242kb). |
Nachdem wir unsere Koffer abgestellt und uns ein wenig frisch gemacht haben, machen wir uns auf die Suche nach dem Red Rock Restaurant. Wir finden es recht schnell im Stadtzentrum, was keine Kunst ist, denn Hanksville besteht quasi nur aus einer Straße. Das Restaurant ist mit rund 20 Gästen erstaunlich gut besetzt. Damit hatte offenbar selbst der Betreiber nicht gerechnet, und die Bedienung ist sichtlich überfordert, als plötzlich sechs weitere hungrige Gäste eintreten. Ebenfalls überfordert scheint die Elektrik des Ladens, denn die elektrische Kasse ist in einer erschreckend dilettantischen offenen Verkabelung angeschlossen, dass es mich nicht wundern würde, wenn beim Betätigen einer Taste nicht nur die Schublade aufgeht, sondern gleich ein paar helle Lichtblitze die Stromversorgung der gesamten County zum Erliegen bringen würden. Offenbar dessen bewusst hat man in Griffweite einen großen Feuerlöscher aufgehängt. Wir bekommen den größten Tisch zugewiesen, gleich hinter der Kasse. Dann kann die Bestellung beginnen. Selbstverständlich entscheide ich mich nach so einem langen Tag für ein schönes großes Steak. Das kommt dann auch nach einer halben Stunde, und wenngleich es etwas sehr medium ist, kann man es durchaus genießen. Mein Kumpel hat einen großen Salat bestellt, mit italian dressing. Der Salat wird pünktlich geliefert, das zugehörige Dressing nicht. Die Kellnerin ward kaum mehr gesehen, und so ist schon der halbe Salat notgedrungen - weil hungrig - trocken verspeist, ehe die Beschwerde angebracht werden kann. Doch auch dann passiert nichts wirklich Hilfreiches: thousand islands Sauce wird gebracht. Schließlich gibt er das italian dressing Vorhaben auf und bedient sich bei den anderen Mitessern, die noch etwas Dressing von ihren Beilagesalaten in ihren Einwegplastiktöpfchen übrig haben. Das Red Rock Restaurant hat übrigens im Gegensatz zu Blondie's nur saisonal geöffnet, von April bis Oktober, und umfasst auch einen Campground.
Nach dem Bezahlen an der zweifelhaft verkabelten Kasse fahren wir zu unserem Motel zurück und begeben uns nach kurzem Kampf mit der störrischen Zimmertüre, die sich zunächst gegen ein Abschließen beharrlich weigert, zu Bett.
Wir überqueren den Highway 95 am Ortsausgang von Hanksville auf dem Weg zu Blondies (232kb). |
Blondie's Eatery & Gift (348kb). |
Das Whispering Sands Motel von der Veranda des Blondies gesehen, im Hintergrund Mount Ellen (218kb). |
Der nächste Morgen beginnt ausnahmsweise früh. Schon um 7 Uhr sind wir auf den Beinen. Die vor uns liegende Strecke erfordert dies. Und so machen wir uns zügig auf den Weg zu Blondie's, dem uns anempfohlenen Frühstücksrestaurant von nebenan. Einige Stufen geht's hinauf zu dem etwas erhöht liegenden Restaurant. Dieses wirkt von innen eher kühl; ein großer Raum mit Tischen, ohne viel Dekoration und einer großen Theke, wie man sie aus Schnellrestaurants her kennt. Gut, es ist auch eines, und das Speiseangebot landestypisch. Also Ham and Eggs für mich, dazu eine Diet Coke und der Tag ist gerettet. Da es uns innen nicht sonderlich gefällt und es zudem ja bestes Wetter herrscht, entscheiden wir, auf der schattigen Veranda vor dem Lokal zu essen. Der nette junge Restaurantbesitzer - offensichtlich ist es ein Ein-Mann-Betrieb - nimmt also unsere Bestellung entgegen und bringt dann alles nach draußen; also doch kein wirkliches Selbstbedienungsschnellrestaurant. Nun ja, so viele Kunden wird er am Tag nicht haben. Da wird Service dann noch groß geschrieben. Das Essen schmeckt vorzüglich, das Ham mal nicht Pressfleisch aus der Dose. Das finden auch die vielen Fliegen, die ebenfalls frühstücken wollen - man mag es ihnen verdenken; viele Speisemöglichkeiten außerhalb des Örtchens haben sie halt auch nicht, hier am Ende der Welt. Doch weitaus faszinierender ist der Ort an sich. Wir sitzen vor dem Lokal und haben uns den großen Holztisch mit den Stühlen ausgesucht; die übrigen haben nur diese Biergarten-Bänke. Von der erhöhten Position der Veranda aus können wir über die State Route 95 hinüber auf unser Motel und bis weit in die Ferne schauen. Im Hintergrund hinter dem Whispering Sands liegt eine kleine Gebirgskette mit Mount Ellen, im Norden eine Abbruchkante. Da sind wir also, am "Arsch der Welt". Ganze zwei Autos kommen über den Highway gekrochen, während wir dort sitzen. Und das, wo doch genau 150 Meter nordwestlich vom Blondie's gleich zwei "Highways" aufeinandertreffen und Hanksville zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt machen. Deshalb (oder besser trotzdem) gibt es zwei große Tankstellen in Sichtweite: Stan's Chevron im Süden, der auch einen Jetski-Verleih für den nur eine Stunde entfernten Lake Powell betreibt, und eine Route 66 direkt an der Kreuzung. Ansonsten ist es still. Herrliche Ruhe, absolut keine Geräusche - einmalig. So ein abgelegener Ort hat doch auch seine Reize. Ich glaube, hier muss ich noch mal vorbeischauen, auch wenn manche das genau andersherum sehen und in dieses abgelegene Kaff niemals wieder zurückkommen würden.
Zum Abschluss unseres Besuchs brauchen wir noch etwas Verpflegung für unterwegs. Einzige Möglichkeit ist der Bull Mountain Market am westlichen Ortseingang. Danach geht es zügig weiter auf dem Highway 95 nach Süden Richtung Moki Dugway und Monument Valley.
Erlaubt mir ein persönliches Nachwort. Hanksville wurde 2006 so schwer getroffen, dass man den Ort aufgeben wollte. Die Finanzhilfe des Agrarministeriums diente nur zum Wiederaufbau des Damms und der Bewässerung. Die Zerstörungen am Privatbesitz mussten die Bürger weitgehend selbst stemmen. Insofern möchte ich mit meiner Reportage dazu beitragen, die Einwohner dieses winzigen Ortes finanziell etwas zu unterstützen, indem ich Euch einen Besuch schmackhaft mache. Dies würde ich jedoch auch ohne diese unschöne Vorgeschichte, denn Hanksville ist, wie ich bereits erwähnte, einfach günstig gelegen und wegen seiner Abgeschiedenheit schon ein Erlebnis. Wer kann schon behaupten, am A... der Welt gewesen zu sein. Wenn Ihr also nach Hanksville kommt, übernachtet dort, geht essen und kauft was Verpflegung ein, auch wenn es vielleicht ein paar Cent teurer ist also anderswo. Aber die Menschen dort brauchen wirklich Eure Hilfe.
(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten
Tour 2007 zurück |
Tour 2007 weiter |
Weitere Themen über den Südwesten findet Ihr im oben oder mit der Navigation links. |
||
|