Panguitch Flying M

Panguitch, Utah
Slideshow starten

Von Cedar Breaks kommend erreichen wir Panguitch (296kb).

Panguitch, Utah

Hier kreuzt US 89 mit US 143 (216kb).

Etwa 35 Kilometer nordwestlich vom Bryce Canyon entfernt liegt Panguitch. Damit liegt es ziemlich weit abseits der üblichen Touristenroute. Kaum jemand verirrt sich hierher. Und gerade das macht den Reiz dieser kleinen verschlafenen Stadt aus. Der Name stammt übrigens aus dem indianischen und bedeutet "großer Fisch" oder "Wasser", was sich wohl auf den nahegelegenen Panguitch Lake bezieht.

Zwei mal besuchte ich Panguitch. Das erste mal in 2000. Damals hatten wir das Glück, durch das Malheur mit unserer Hotelreservierung Panguitch quasi durch Zufall kennen zu lernen; besser gesagt ein Motel, ein Restaurant und eine Tankstelle am nördlichen Ortsausgang von Panguitch. Kurz zum Hintergrund der gescheiterten Buchung: wir hatten im Reisebüro über Marlboro Reisen aus deren Katalog das Rubys Inn gebucht. Wie sich vor Ort aber herausstellte, hatte das Rubys Inn gar keinen Vertrag mit Marlboro Reisen. Daher bemühte sich der Hotelchef netterweise um eine alternative Unterkunft für seine gestrandeten Gäste, und so landeten wir in Panguitch.

Flying M, Panguitch, Utah

Das Flying "M" Restaurant in Panguitch (207kb).

Flying M, Panguitch, Utah

Die Veranda des Coffee Shop (221kb).

Trotzdem, die Eindrücke von diesem kleinen verschlafenen Ort reichten aus, um ihn und seine Bewohner in unser Herz zu schließen. Waren wir nämlich bisher stets der üblichen Touristenroute gefolgt, von einer Attraktion zur nächsten, so bot dieser Ort zum ersten Mal echten Kontakt mit Menschen, die nicht in der Reisebranche tätig waren. Die sprichwörtliche Oberflächlichkeit der Amerikaner war hier viel geringer ausgeprägt, die Hilfsbereitschaft von ganz anderem Kaliber. Hier war der Gast wirklich König und nicht nur einer von zigtausend, dem man irgendwie das Geld abnehmen muss. Das zeigte sich deutlich in unserer Unterkunft "Horizon Motel", ein winziges Motel, wo der Chef selbst bediente. Er begrüßte uns freundlich, gab ein paar Tipps zum Bryce Canyon und zeigte uns dann unser Zimmer; das schönste wie er uns versicherte. Wir glaubten ihm, denn das Motel war fast unbesucht.

Flying M, Panguitch, Utah

Von der anderen Straßenseite in 2000 (395kb).

Flying M, Panguitch, Utah

Der Souvenirshop (252kb).

Flying M, Panguitch, Utah

Für jeden etwas (278kb).

Zwei Häuser weiter befindet sich das "berühmte" Flying "M" Restaurant, das auf eine für amerikanische Verhältnisse lange Geschichte zurückblicken kann. Das Restaurant wurde 1947 vom Sohn des bekannten Rinderfarmers und Revolverhelden Elijah Moore gegründet, der bereits 1890 mit einer der ersten Rinderherden nach Utah kam.

Hier gab es Smalltalk jenseits von "How are you?", und schnell hatten wir mit der Bedienung über 5 Minuten geplaudert währenddessen die anderen Gäste eben warten mussten, und das völlig ruhig und in einer beneidenswerten Gelassenheit - hierzulande völlig undenkbar. Überhaupt machte eben dieses Restaurant unseren Aufenthalt zu einem einzigartigen Erlebnis. Zunächst gelangt man in einen kleinen Souvenirshop, von dem aus drei Stufen hinunter in das Restaurant führen, das komplett im 50er Jahre Stil eingerichtet ist - mit Leder überzogenen Sitzen und Holztischen. Hinter der Theke bediente die quirlige Chefin des Familienbetriebs, mit Vornamen Janet - man war ja per Du -, höchst selbst. Sie sorgte mit flotten Sprüchen bei allen Gästen für gute Laune, und zum Abschied gab es eine Umarmung als wäre man seit 20 Jahren Stammgast. Dabei hatten wir nur zweimal dort gegessen. Ach ja, das Essen. Das war ein richtig angenehmer Gegensatz zu unserer bisherigen mehr oder weniger fastfood-haltigen Ernährung. Hier war alles "handmade", der Schinken zum Frühstück war nicht aus der Dose und es gab echten Bohnenkaffee, der den Namen auch verdient hatte - natürlich perma-refill inbegriffen.

Flying M, Panguitch, Utah

Das Restaurant mit den Ledersitzen (196kb).

Flying M Restaurant, Panguitch, Utah

10 Jahre zuvor bringt Janet frischem Kaffee.

Flying M, Panguitch, Utah

Die typische Westerntheke (236kb).

Die Atmosphäre in diesem kleinen Restaurant am Highway erfüllte einfach alle Klischees, wie man sie aus alten amerikanischen Roadmovies kennt. Und die teils urigen Gäste taten ihr übriges zum Ambiente. Es fehlten nur ein paar Trucks und Harleys auf dem Parkplatz vor der Türe. Derart begeistert von Panguitch deckten wir uns alle im Souvenirshop mit Panguitch-Pullis ein. Auch wenn wir ansonsten überhaupt keine Souvenirjäger sind, aber das musste sein.

Leider konnten wir nur eine Nacht hier verbringen und hätten gerne die ganze Stadt mit ihren Holzhäusern besichtigt, doch dafür war keine Zeit. Doch wenn es uns erneut nach Utah verschlägt würde dies garantiert nachgeholt.


Flying M, Panguitch, Utah

Wir bestellten Ham-Sandwiches mit Pommes (250kb).

Flying M, Panguitch, Utah

Blick zurück in den Souvenirshop (235kb).

Flying M, Panguitch, Utah

Das Motto des Flying 'M' (163kb).

Und so kam es, dass wir in 2010, auf den Tag genau zehn Jahre später, erneut in Panguitch aufschlugen. Diesmal führte uns der Weg von Cedar Breaks über Highway 143 zum Bryce Canyom, und da kommt man zwangsläufig durch Panguitch, wo man auf den Highway 89 trifft. Nachdem ich meinen Mitreisenden einen Stopp am Flying M sehr nahegelegt hatte betraten wir den Laden. Äußerlich und auch im Inneren hatte sich in den zehn Jahren nichts verändert. Auf der einen Seite war dies sehr angenehm, auf der anderen dann doch nicht ganz so toll, denn die schönen lederüberzogenen Sitzbänke hatten doch arg gelitten und waren an einigen Stellen aufgeplatzt. Auch die Bedienung war nun eine andere, die nicht ganz so gesprächig war wie Janet vor zehn Jahren. Am Nebentisch hatten sich Schweizer niedergelassen, in einer anderen Ecke saß ein altes Ömmchen - viel los war also nicht, und so bestellten wir eine Kleinigkeit zu Essen. Ein Ham-Sandwich mit Pommes. Eine Offenbarung war es nicht. Eben ein Schinkentoast mit ein paar Fritten. Mit der Brille der Erinnerung sah ich das Flying M in noch leicht besserem Licht als meine Mitreisenden. Letztlich machte ich jedoch die nüchterne Erkenntnis, dass es oftmals besser ist, etwas Schönes so wie man es einst erlebt hat in guter Erinnerung zu behalten als es nach langer Zeit noch einmal aufzusuchen. Leider weiß man vorher nie, was einen erwartet. Ich für mich beschloss, die nicht so schönen Dinge wie die kaputten Sitze und das mehr als simple Essen wegzublenden und die übrigen Eindrücke als Auffrischung meiner Erinnerung in mich aufzusaugen, denn ansonsten hatte sich wirklich nichts verändert. Die Tischdeckchen aus Papier, die die Landkarte der Umgegend zeigen, waren genauso noch vorhanden wie das Schild an der Wand mit der Aufschrift: "Our coffee is so good, even we drink it". Mal sehen, ob sich 2020 nochmal die Gelegenheit ergibt, hierher zu kommen - der Serie wegen...

(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten