The Tech Museum of Innovation San Jose Fry's

Als Computerfreaks der ersten Stunde - und das waren wir alle - kann ein Urlaub in San Francisco nicht ohne einen Abstecher ins Silicon Valley vonstatten gehen. Zwei Ziele standen dabei auf unserem Programm.

Zunächst, um einen Eindruck von der Vielfältigkeit und Fülle der technischen Errungenschaften zu erhalten, machten wir Stopp bei Fry's Electronics in Palo Alto, dem größten Elektronikgeschäft der Gegend.

Schon von außen sind die Dimensionen dieses eingeschossigen Ladens enorm. Mehrere hundert Meter breit ist die Frontseite gegenüber des Parkplatzes. Und innen verschlägt es einem den Atem. Wirklich alles ist hier zu bekommen. Der Laden ist thematisch unterteilt und verleitet den technikbegeisterten Besucher, doch etwas länger als geplant durch die vollgepackten Gänge zu schlendern. Allerdings war von fachmännischen Verkäufern keine Spur. Ich konnte ein Verkaufsgespräch belauschen, bei dem ein Kunde nach der Leistungsfähigkeit einer Grafikkarte gefragt hatte. Der Verkäufer, dem Englischen nicht mächtig, begann sein Wissen vorzutragen: "this card 640*480 and 800*600 and 1024*768", woraufhin der Käufer begeistert nickte und das Schnäppchen erwarb.

Bemerkenswert sind auch die Kassen. Hier gibt es etwa 25 Stück davon, allerdings nur eine einzige Warteschlange, die wie in einem Irrgarten durch mehrere serpentinenartige Windungen zum Kassenbereich führt. Dort hebt dann der Kassierer, der gerade frei geworden ist, die Hand und man begibt sich zu ihm. Auf die Art warten alle gleich lange und Fry's braucht nur ein Sortiment der bekannten Nimm-Mich-Verführungsartikel vor der Kasse.

The Tech Museum of Innovation, San Jose, Kalifornien

Blick ins perfekt ausgeleuchtete The Tech (238kb).

Am späten Nachmittag fuhren wir schließlich nach San Jose, wo "The Tech" - oder wie es genauer heißt "The Tech Museum of Innovation" - auf unseren Besuch wartete. Während wir bei Fry's den aktuellen Stand der Entwicklungen in all ihrer schillernden Vielfalt bewundern durften sollten uns hier die Meilensteine der technischen Entwicklung museal und interaktiv präsentiert werden. Etwa anderthalb Stunden Zeit hatten wir dafür, denn das Museum schloss pünktlich um 18 Uhr und wir waren spät.

Zunächst fiel unsere Aufmerksamkeit auf das IMAX-Kino im Museum, in das wir unbedingt rein wollten. Also wurden zuerst die Karten für die 17 Uhr Vorstellung gekauft, was uns vor und nach dem Film noch 30 Minuten Zeit für das Museum übrig ließ.

Das IMAX zeigte den Film "Adventures in Wild California", ein wilder Streifzug durch Kalifornien. Snowboarding, Skydiving, Kletteraktionen in den Sequoias und auf der Golden Gate Bridge oder rasante Windsurfszenen in den meterhohen Wellen des Pazifik - in beeindruckenden Bildern werden die Naturwunder des "Golden State" präsentiert - sehr lohnenswert und ein guter Appetizer für unsere weitere Reise.

Die Ausstellungen im The Tech sind einfach viel zu abwechslungsreich um sie hier alle aufzuzählen. Daher beschränke ich mich auf diejenigen, die mir noch in Erinnerung sind ohne mit Hilfe des Internet auch alle anderen wieder erinnert zu haben.

The Tech Museum of Innovation, San Jose, Kalifornien

Der Fortschritt der Miniaturisierung (337kb).

Den Anfang macht ein kleiner Raum, in dem die Geschichte der Computerchips erklärt und gezeigt wird. Eine monströse Maschine in der Ecke diente vor ihrer Pensionierung zur Herstellung von Wafern, jenen runden Siliziumscheiben, auf denen die Chips hergestellt werden. An der Wand gleich nebenan kann man die Weiterentwicklung und Miniaturisierung der Chips verfolgen. Da konnte man früher sogar noch was mit bloßem Auge erkennen. Selbst ich habe 1983 noch selbst Platinen geätzt und eine kleine Lichtorgelsteuerung gebastelt... aber das ist ein anderes Kapitel. Weiter im Museum.

The Tech Museum of Innovation, San Jose, Kalifornien

Shake me baby: der Erdbebensimulator (424kb).

Beeindruckend auf eine ganz besondere Art ist die Earthquake Platform. Hier wird auf einer hydraulischen Plattform analog den aufgezeichneten Daten ein historisches Erdbeben der Region simuliert. In unserem Fall handelte es sich um das Beben vom 17. Oktober 1989, das "nur" eine Stärke von 6,3 hatte - heute werden hier Beben von 7,6 und mehr simuliert. Wenn die Maschine schon soviel Krach macht soll's auch richtig wackeln, dachte man sich bestimmt. Wie auch immer, wir hatten uns auf die kleine Plattform gestellt, an deren Rückseite die Stockwerkanzeige eines Aufzugs die Sekunden bis zum Beben runterzählt. Trotz dieser Vorwarnung gibt es bei 0 einen derart heftigen Schlag, dass ich fast hingefallen wäre. Ohrenbetäubendes Gerumpel der Hydraulik und heftige, ruckartige Bewegungen fordern für knapp eine Minute die volle Aufmerksamkeit des Gleichgewichtsorgans. Dann ist wieder alles ruhig. In Gedanken stelle ich mir die bei diesem Beben eingesackte Bay Bridge vor. Die ersten Schritte danach sind etwas ungewohnt, doch das "Woahh"-Erlebnis ist enorm. Der süffisante Hinweis "Flashing light means earthquake!" an beiden Seiten der Plattform ist allerdings aus pädagogischer Sicht eher weniger wertvoll. Die Amerikaner sind ja sehr behindertenfreundlich, aber ich wüsste spontan keine Erkrankung, die die Wahrnehmung eines derart heftigen Bebens nur durch optische Signale ermöglicht hätte...

The Tech Museum of Innovation, San Jose, Kalifornien

Ausgedient: Satellit Clementine (321kb).

Gleich nebenan gab es einen Jetpack zu bewundern. Die älteren mögen sich an die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles erinnern, als jemand mit einem ähnlichen umschnallbaren Düsenrucksack ins Stadion schwebte. Jedenfalls kann man ein solches Gerät hier bei noch etwas lauteren Vorführungen in Aktion erleben - jedoch nicht mehr um halb sechs. Neben weiteren Gerätschaften und Sichttafeln aus dem Weltraumbereich hatte der kleine Satellit "Clementine" meine Aufmerksamkeit erregt. Irgendwie hatte ich mir solche Geräte größer vorgestellt, zumindest die älteren. Denn Clementine hatte seinen Einsatz bereits hinter sich; die erste digitale Landkarte des Monds haben wir diesem seltsamen Kasten zu verdanken.

Etwas unspektakulärer, aber nicht minder interessant, ist eine Wärmebildkamera mit riesiger Leinwand auf der man sich thermal begutachten kann. Automatisch bleibt man stehen, überlegt sich, warum es wo am Körper warm oder kalt ist, macht ein paar lustige Gesten und ist froh, dass noch alles gut durchblutet ist. Nur bei den anderen, da gibt es mysteriöse Verfärbungen...

An vielen Ausstellungen sind wir sicherlich ungeachtet vorbeigegangen, andere haben wir nur oberflächlich gesehen. Leider hatten wir viel zu wenig Zeit. Denn gerade im The Tech gibt es eine Unmenge von Dingen, die man selbst heraustüfteln kann; Geräte, Apparaturen und Computer, mit denen man herumexperimentieren und sich so Zusammenhänge selbst erschließen kann.

Wer sich also für das Silicon Valley als Zentrum des elektronischen Fortschritts interessiert und nicht bloß die Garage von Bill Hewlett und David Packard als dessen Keimzelle aufsuchen möchte, der sollte einen Besuch im The Tech Museum of Innovation einplanen.

(c) Stefan Kremer - Alle Rechte vorbehalten


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